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Aussicht bis zum Horizont

Rund um – und durch die Holzbachschlucht

Wir, Stefanie Eichhorn und 20 Wandernde haben am 18. September ohne Frage dem Regen und Wind am idyllischen Südhang des Westerwaldes getrotzt. Allen Teilnehmenden und einem Hund gilt meine Anerkennung dafür und mein Dank für die fröhlichen Gemüter, die anhaltende Neugier und Wanderlust in diesem märchenhaft anmutenden Areal.

 

 

 

Zehn facettenreiche Kilometer erwarteten uns. Es war 9 Uhr und 15 Minuten am “feucht fröhlichen” Sonntagmorgen. Fünfzehn Minuten bis zum Wanderstart und wir waren noch zu dritt. Doch mit einem Mal fielen die Wanderbegeisterten auf dem Parkplatz “Zur Holzbachschlucht” ein, wie Brieftauben in einem Taubenschlag. Man begrüßte einander. Die Stimmung war von der ersten Minute an ausgelassen. Bekannte Gesichter und neue blickten mich strahlend und voller Erwartungen an, als ich pünktlich alle Anwesenden zu meiner ersten eigenen Wanderung als DWV zertifizierte Wanderführerin im Namen des Westerwaldvereins begrüßte. Die am weitesten angereiste Teilnehmerin war aus dem 55 km entfernten Eichen zu uns gestoßen. Den kürzesten Weg hatten Freunde und Bekannte aus meinem Heimatdorf, dem 2 km entfernt gelegenen Winnen. Dort würde uns nach knapp 4 km und 190 hm die Sonne kurz anblinzeln.

 

 

 

Unseren ersten Halt machten wir im historischen Siedlungskern des Hofgutes Dapprich, das 1212 erstmals urkundliche Erwähnung fand und 1490 zehn Haushalte zählte. Seit Johann Peter Schneider, der letzte Pächter, das Areal 1857 käuflich erwarb, ist es im Familienbesitz. Das denkmalgeschützte, 500 Jahre alte Fachwerk mit seiner verträumten Brücke und die markante Brunnensäule, die einst die Grenze des Herzogtums Nassau zu Preußen anzeigte, erlaubten es unserer Wandergruppe in längst vergangene Zeiten einzutauchen.

 

 

 

Am Privatfriedhof der Familie Schneider beginnt die beinahe urwald artige Holzbachschlucht mit ihren Buchenhallenwäldern und einer Fülle an Küchen- und Heilkräutern. Der Holzbach hat sich auf einer Länge von 1 km und bis zu 30 m tief in den Basalt eingegraben. Das tosende Geräusch des Wassers begleitete uns, wie auch die scheue und seltene Wasseramsel. Auf 12 Tafeln, die zusätzlich mit QR-Codes ausgestattet sind, kann der Wandernde mehr über lokale Vogelarten erfahren. Wir hielten staunend am Steinmännchen-Feld inne. Diese sollen hier, wie auch andernorts, die Wandernden vor boshaften Trollen und Unwegsamkeiten schützen.

 

 

 

Verzaubert und in Wassertropfen gehüllt, verließen wir die Schlucht vorerst und blickten über weite Flur und die Kirchtürme Gemündens zur regenverhangenen Dornburg hinüber. Die Basaltkuppe zwischen Frickhofen und Wilsenroth ist kulturgeschichtlich und geophysikalisch von großer Bedeutung. Hier wird deutlich, welchen Herausforderungen sich schon in frühesten Zeiten der regionale Naturschutz, der eines der Hauptanliegen des Westerwaldvereins darstellt, gegenüber stehen sah. Dann ging es weiter zum versteckt liegenden jüdischen Friedhof, wo seit kurzem ein einzelnes Grab ganz der Tradition folgend mit einem (bunt bemalten) Stein geschmückt ist. Danach folgte ein steiles Stück zum hochgelegenen Winnen. Von hier aus blickt man z.B. bei Föhnwetterlage oder Durchzug einer Kaltfront über das prächtige Limburger Becken und bis zur höchsten Erhebung im Taunus, dem Großen Feldberg. Zu ungemütlich war das Wetter, als dass jemand die vorgesehene Pause auf 428 m ü. NHN machen wollte.

 

 

 

Wir wanderten seitlich des Katzensteins am quirligen Keilbach talwärts, dort wo Schafs-, Elb- und Holzbach ineinander münden. Der Name des Ortes Gemünden entspringt dieser Tatsache. Wir genossen einen letzten Blick über den Ort und unsere Blicke fanden versteckt gelegen unser übernächstes Ziel, die Sonnenkanzel, im Dickicht der Baumkronen. Zuvor erwartete alle Wanderlustigen die Evangelische Stiftskirche St. Severus, die älteste Kirche des Westerwaldes. Im November 879 geweiht und mit einer geschichtsträchtigen Orgel ausgestattet, staunten die Besucher:innen nicht zuletzt über bedeutende Reste romanischer, gotischer und barocker Malerei.

 

 

 

Während der Wanderung schaffte die gemeinsame Freude am Naturerlebnis freundschaftliche Begegnungen und gute Gespräche. Menschen, die einander noch vor kurzer Zeit fremd gewesen waren, sind sich ein Stück näher gekommen. Natur verbindet.

 

 

 

Nach kurzer Stärkung wanderten wir der Sonnenkanzel entgegen, die ohne Wanderführer:in oder Navigations-Apps kaum zu finden ist. Nach dem hübschen Ausblick strömten wir dem Eingang der Holzbachschlucht entgegen und erkundeten die zweite Seite des Holzbachs, wo sich das seit 1929 bestehende Naturschutzgebiet über 21 ha und bis zu 100 m beidseitig des Bachlaufs erstreckt. Ein fulminantes Finale fand unsere Wanderung bei der gemütlichen Einkehr im Hofcafé Dapprich. Wie versprochen staunten die Teilnehmenden über die schmackhaften Torten und Kuchen. Wir genossen den Tagesausklang über dampfenden Tee und Kaffee bei herzlichen Gesprächen.

 

 

 

Lieben Dank allen Teilnehmenden, die diesen Tag zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht haben.

 

Stefanie Eichhorn

 

 

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