Brände und Brandschutz im Hohen Westerwald

 

Aus der Region Hoher Westerwald, von Peter Jung

 

Es gibt keinen Ort in unserer Heimat, der nicht im Laufe der Geschichte von einer Brandkatastrophe heimgesucht worden wäre, ausgelöst auf natürliche Weise, durch Unachtsamkeit, Vorsatz oder Kriegseinwirkung. 1658 wurde Zehnhausen durch einen Großbrand fast völlig in Schutt und Asche gelegt; 1718 mussten in Waldaubach die Brandgeschädigten durch Kollekten unterstützt werden, 1723 in Rabenscheid, 1747 und erneut 1769 in Oberdresselndorf. Meinem 7x-Urgroßvater Johannes Jung von Löhnfeld verbrannten im Herbst 1723 mitsamt seiner Scheune sämtlichen Ernte- sowie Aussaatvorräte. 1732 verloren die Familien Haas und Stoffel in Nister und Möhrendorf ihr gesamtes Hab und Gut. 1717 und 1805 mussten in Willingen infolge Brandschadens zahlreiche Häuser neu errichtet werden, ebenso 1825 in Bretthausen. 1799 und 1847 trafen Großbrände den Ort Stein besonders hart. Auf der Neukirch wurde 1813 durch einen Blitzeinschlag die Kirche mitsamt der Glocken erheblich beschädigt; 1822 brannten dort außer dem Pfarrhaus zahlreiche weitere Gebäude ab. Nur der Aufmerksamkeit und dem umsichtigen Handeln des Schultheißen Stahl von Weißenberg war es zu verdanken, dass der in einer Dezembernacht des Jahres 1823 im Schulhaus entstandene Brand rechtzeitig gelöscht werden konnte. Georg Best, Untermüller zu Liebenscheid, verlor sein Anwesen am 11.Juni 1751 durch einen im Obergeschoss entstandenen Brand, dessen Ursache trotz umfangreicher behördlicher Recherchen niemals aufgeklärt werden konnte. Aus Zeugenaussagen erhärtete sich der Verdacht, dass es sich um Brandstiftung gehandelt haben könnte. Ab 1814 waren in dem noch jungen und neu gegründeten Herzogthum Nassau alle Gemeinden aufgefordert, für ihren Ort Brandkataster anzulegen, in dem alle Häuser, Scheunen und Ställe mit Größe, Bauart, Besitzer sowie dem Wert der Gebäude erfasst werden sollten. In Liebenscheid wurden 58 Wohnstätten erfasst, sowie Pfarrhaus, Schule und Backhaus. Man fand in der Gemeinde 22 gute und 22 schlechte Feuereimer, vier Feuerleitern und vier Feuerhacken sowie in dem Mühlenweiher am Dorfe hinlänglich Wasser. Bei Untersuchung der einzelnen Wohnungen wurden folgende Sofortmaßnahmen angeordnet: 1. dem Georg Wilhelm Müller wurde bei 4 Gulden Strafe anbefohlen, binnen 8 Tagen den Schornstein ausbessern zu lassen. 2. der Witwe des Anton Best wurde bei fünf Gulden Strafe anbefohlen, binnen 8 Tagen eine Laterne anzuschaffen. 3. dem Johannes Wilhelm Pletz wurde anbefohlen, bei Vermeidung von 10 Gulden Strafe und unter Androhung des Schließens seines Hauses binnen 14 Tagen seinen Herd und Schornstein instand zu stellen. 4. dem Johannes Peter Simon wurde bei 10 Gulden Strafe anbefohlen, binnen 14 Tagen einen neuen Schornstein anzuschaffen. 5. dasselbe wurde dem Christ Jung aufgegeben. Bleibt zu ergänzen, dass die einzige Feuerspritze für die 25 Gemeinden des Amtes Rennerod in Emmerichenhain stationiert war, sich jedoch zur Reparatur in Dillenburg befand. Insgesamt wurde der Brandschutz als sehr nachlässig beschrieben sowie eine Verbesserung der Ausrüstung dringend angemahnt. Im Jahre 1816 wurden alle Gebäude in Liebenscheid erneut erfasst und deren Wert als Grundlage für eine landesweite Feuerversicherung ermittelt. Wie sinnvoll die Einrichtung einer “herzoglichen Brand-Assecuranz“ war, zeigte sich schon bald darauf, als 1821 das Anwesen des Johann Peter Brandenburger an der Langgasse (Liegenschaften Nr. 6 und 7) nieder brannte und dem Besitzer eine Entschädigung von 670 Gulden ausgezahlt wurde.